Stenografenverein
Gießen von 1861 e. V.
145 Jahre Stenografenverein Gießen (1861 bis 2006) Am 13. August 2006 feierte unser Verein sein 145-jähriges Bestehen. Aus diesem Anlass möchten wir die geschichtliche
Entwicklung des Vereins mithilfe des
modernen Mediums Internet betrachten. Die Beschreibung der ersten hundert Jahre ist eine teilweise gekürzte und etwas überarbeitete Wiedergabe des von Franz Hanstein und Gerd Roß verfassten Beitrags "Aus der Geschichte unseres Vereins", der 1961 in der Festschrift "100 Jahre Gießener Stenografenverein von 1861 e. V." erschienen ist. Leider ist diese Broschüre ebenso vergriffen
wie die 1986 herausgegebene Festschrift Wir unterteilen unsere Vereinsgeschichte in fünf
Zeitabschnitte, die in Fortsetzungen im
Internet veröffentlicht werden: 1. Von der Gründung
bis zum Ende des Ersten Weltkriegs (1861 bis 1918) 4. Wachstum und Wandel (1962 bis 1986)
5. Neue technologische Herausforderungen (1987 bis 2006)
1. Von der Gründung bis zum Ende des Ersten
Weltkriegs (1861 bis 1918)
Als unser Verein im Jahre 1861 gegründet wurde,
enthielt die Gründungsliste manche im Ein Lehrer, G. Müller, hatte zu einem Anfängerlehrgang
aufgerufen und siehe da, eine Reihe Die Gründerliste sah folgende Namen: Lehrer
G. Müller, der Initiator des Ganzen, Zu Vorstandsmitgliedern wurden gewählt: 1.
Vorsteher: G. Müller,
2. Vorsteher: Dr. K. Birnbaum, 1. Schriftführer: W. Stammler, 2. Schriftführer: Otto Bergen, Rechner: Wilh. Ferber. Der Unterricht lag in der Hauptsache in Händen des 1. Vorstehers,
Lehrer Müller. Otto Bergen, der langjährige Direktor des Gas- und Wasserwerkes,
ist durch seine 1876 fungierte als 2. Schriftführer ein Student
Noack, der eine kleine humoristische
Monatsschrift herausgab, die er selbst autografierte. Noack war später viele Jahre als Berichterstatter der „Kölner Zeitung“ in Rom tätig. 1886 kam als 2. Schriftführer der Student Eduard
Pfaff in den Vorstand. Im Mai 1887 Prof. Eduard Pfaff saß auch im staatlichen
Prüfungsausschuss für Kurzschriftlehrer. Diese
Prüfungen wurden seit 1925 in Darmstadt durchgeführt. Einige junge Mitglieder trennten sich im Jahr 1897
vom Gießener Verein und gründeten die
„Stenografen-Gesellschaft Gabelsberger“. 1899 wurde Prof. Dr. Pitz zum Ersten Vorsitzenden gewählt. Er hatte dieses Amt bis zu seiner Berufung als Direktor der Realschule in Alsfeld im Mai 1902 inne. In seiner Amtszeit wurde im Oktober 1901 das Stiftungsfest zum 40-jährigen Bestehen des Vereins veranstaltet. Damit verbunden war die Vertreterversammlung des Verbandes, dem Prof. Dr. Pitz ebenfalls vorstand. Unter der Leitung von Lehrer Karl Müller,
einem Sohn des Mitbegründers G. Müller, fand
1899 erstmals ein Stenografie-Lehrgang für Frauen statt. Nach Abschluss dieses Kurses wurde im Jahr 1900 ein „Damenkränzchen“ als Zweigverein gegründet. Der jeweilige Vereinsvorsitzende war zugleich Vorsitzender dieser Damenabteilung. Später übernahm der langjährige Vorsitzende Franz Hanstein die Leitung der Damenkurse.2 Nachfolger im Amt des 1. Vorsitzenden wurde im Jahr 1902 der Kreisamtsbürovorsteher Schiffnie. Die Mitgliederzahl stieg weiter: Im November 1904 konnte das 100. Mitglied aufgenommen werden. Im Frühjahr 1908 übernahm der Sekretär Wilhelm Loh den Vereinsvorsitz. Unter seiner Führung machte der Stenografenverein Gießen weitere Fortschritte. Die Vereinsabende wurden durch Vorträge, die auch über den stenografischen Bereich hinausgingen, neu belebt. Und zum ersten Mal führte der Verein einen Kurs im Maschinenschreiben durch. Anfang 1909 zählte der Gießener Verein bereits 209 Mitglieder. Einige dieser Mitglieder erzielten zunehmende Erfolge bei den Bezirks- und Verbandswettschreiben. Bei dem im Oktober 1908 in Heuchelheim durchgeführten Bezirkstag errang Karl Döpfer mit 220 Silben je Minute einen ersten Preis mit Ehrenpreis. Im Jahr 1909 gelang ihm dies in Friedberg mit 240 Silben. Hans Roloff schrieb 180 Silben. Im Herbst 1909 erreichte Roloff in Wetzlar 200 Silben. Einen weiteren Ehrenpreis erhielt er für die Übertragung des Festvortrags. Beim Bezirkstag im Mai 1912 schrieb Roloff sogar 260 Silben. Ein besonders glanzvolles Ereignis im Vereinsleben war das Jubiläum zum 50-jährigen Bestehen des Stenografenvereins Gießen von 1861 e. V. im Jahr 1911. In der Festschrift zum 100-jährigen Jubiläum (1961) wird ausführlich aus dem Protokollbuch von 1911 zitiert. Wir beschränken uns hier auf einige kurze Auszüge: „Am 1., 2. und 3. Juli 1911 konnte in Verbindung mit dem 32. Stenografentag des Hessisch- Nassauischen Verbandes (Main-Rheingau) unser 50-jähriges Bestehen festlich begangen werden. … Am Sonntag, dem 2. Juli, um 09:00 Uhr, nahm das Verbandswettschreiben seinen Anfang. Es wurde in den Abteilungen 100 bis 320 Silben geschrieben. Nicht weniger als 751 Wettschreiber ergab die Zusammenstellung aller Abteilungen. Alle, die nicht an dem Wettschreiben teilnahmen, machten mit Herrn Oberbibliothekar Ebel einen Rundgang durch die Stadt, um die Sehenswürdigkeiten in Augenschein zu nehmen. Die Ausstellung alter Handschriften in der Universitätsbibliothek wurde ebenfalls besichtigt, und hier hielt Herr Dr. Ebel einen interessanten Vortrag über ‚Die Schrift im Mittelalter’. In der öffentlichen Festversammlung in der Aula der Landesuniversität sprach auch der Rektor der Universität, Professor Dr. Biermann. ... Den Festvortrag hielt unser Ehrenmitglied Professor Pfaff über das Thema ‚Im Kampf um die deutsche Einheitskurzschrift’. ... Das Festessen, an dem sich über 300 Personen beteiligten, nahm gegen 14:00 Uhr in ‚Steins Saalbau’ seinen Anfang, wobei die Kapelle des Infanterie-Regimentes ‚Kaiser Wilhelm II.’ die Tafelmusik stellte. Auf ein während der Festversammlung an den Großherzog Ernst Ludwig gerichtetes Telegramm ging folgendes Danktelegramm ein: ‚ Übermitteln Sie bitte den zum Stenografentag Versammelten meinen Dank für die an mich gerichteten freundlichen Grüße! Ernst Ludwig’. ... Auf 20:00 Uhr war der Beginn der eigentlichen Jubiläumsfeier mit Preisverteilung unseres Vereins angesetzt. ... Von den 751 abgelieferten Arbeiten wurden 519 mit Preisen bedacht und 42 Ehrenpreise kamen zur Ausgabe. … Nach Beendigung der Festfolge setzte der Tanz ein, der die Anwesenden bis zum frühen Morgen zusammenhielt.“ Im April 1913 wurde der Lehrer Georg Kling zum 1. Vorsitzenden gewählt. Am Ende des Geschäftsjahres gehörten dem Verein 290 Mitglieder an. Da Georg Kling im Jahr 1914 eine Wiederwahl ablehnte, wurde sein Amtsvorgänger Wilhelm Loh erneut zum 1. Vorsitzenden gewählt.
Doch schon bald war an eine normale Vereinstätigkeit nicht
mehr zu denken: Franz Hanstein, damals als Schriftführer und Unterrichtsleiter
tätig, musste ab Juli 1915 Hiermit endet die Darstellung der ersten
Phase (1861 bis 1918) unserer Vereinsgeschichte.
Die Fortsetzung folgt unter der Überschrift
"Weimarer Republik und NS-Herrschaft
(1919 bis 1945)". 1 Eine informative Darstellung
dieser Zeit findet sich in der 1989 erschienenen Sonderausgabe der Fachzeitschrift
"K.M.I": "200 Jahre Gabelsberger 1789 - 1989". Das
Sonderheft kann bei Winklers, Darmstadt, bestellt oder über den
Buchhandel bezogen werden.
2 Franz Hanstein leitete
den Verein von 1923 bis 1933 und von 1946 bis 1963. Anschließend
wurde er zum Ehrenvorsitzenden ernannt. Er starb am 29.12.1974 im hohen
Alter von 97 Jahren.
|